Wer auf neo-noir steht und noch keine komplett zerschossene Aufmerksamkeitsspanne hat, sollte sich den Film unbedingt anschaun. Der Plot fahrt ziemlich heftig mit einem Schlitten, die Bilder sind absolut erhaben, die Architektur vom Wallace-Elfenbeinturm würde Nick richtig was rausreißen, die Props sind mit Liebe zum Detail gemacht und völlig glaubwürdig (das war schon eine Stärke des Originals). Ryan Gosling als Hauptdarsteller ein no-brainer und er wird der Rolle mehr als gerecht. Kenn keinen anderen aktuellen Schauspieler, auf den man halbminutenlang draufhalten kann, ohne ihn was sagen zu lassen und trotzdem kommt was sehenswertes raus. Aber auch auf der anderen Seite von Harrison Ford grandios gecastet. Saustarke weibliche Charaktere, grad weil professionell beleidigte gender mainstreamer das im eigenen ideologischen Herdentrieb zwanghaft anders sehen müssen.
Und damit sind wir schon bei den einzigen Schwachstellen, angefangen von Harrison Ford, bei dem man zwischendurch das Gefühl hat, dass er demenzbedingte Indiana-Jones Flashbacks nicht im Griff hat und der wirklich dröge Zimmer-Klangteppich. Letzteres aber nur deshalb ein ernstes Problem für mich, weil ich schon seit Monaten einen Wurm von Zavadskyy im Ohr sitzen hab, der in dem Film sträflicherweise nicht vorkommt. Man kann Zimmer aber auch keinen Vorwurf machen, weil er keine Zeit dafür hatte und in seine Schublade greifen musste, anstatt was neues zu erfinden. Nur gehn mir seine Klischees inzwischen halt recht am Keks.Unterm Strich eine echte Empfehlung für Leut, die auf sowas stehn. Die Kritik der Langeweile kann ich nicht nachvollziehen, mir taugts, dass ich Zeit hab, mir die Bilder anzuschaun und während des Films zu rätseln wie es weitergeht. Und da hockst dann wirklich öfters mit offenem Mund da. Der Film wirds vielleicht nicht schaffen, so bahnbrechend wie das Original aus 1982 zu sein, er muss auch auf einen Rutger Hauer-Moment verzichten, aber er ist ein mehr als würdiger Nachfolger, der in vielen Belangen auch besser ist, weil er mit weniger Kitsch auskommt und auf Handwerk und Technik aufbauen kann, das in den letzten 35 Jahren unbestreitbare Fortschritte gemacht hat.
Denis Villeneuve hat Blade Runner genauso kapiert wie Gareth Edwards Star Wars kapiert hat (und J.J. Abrahams es nicht getan hat). Wenn der mit seiner Crew und unter Schulterblicken von David Lynch auch noch Dune neu verfilmt, sitz ich da augenblicklich drin.