Ah, die Matchboxbroschüre,
ganz frühe Sehnsuchtslektüre,
und nur ein einziges Mal auch tatsächlich besessen.
Wenn der Opa aus Wien zu Besuch kam, griff er gleich nach der ersten Begrüssung, noch an der Wohnungstür, tief in seine Manteltasche und herausbefördert wurde ein Kartonschachterl mit dem gelb-roten Logo drauf.
Eine grössere Freude konnte man mir nicht machen.
Und er kannte meine Präferenz für die Marke.
Die Matchbox waren nämlich weicher gefedert und hatten mehr Federweg, das war mir wichtig.
Mit leichtem Druck von oben - wegen der Federvorspannung! - über Bodenunebenheiten geschoben ergab das dieses satte, von der Fahrbahn entkoppelte Fahrgefühl, das man bei Corgi und Majorette vergeblich suchte. Die hoppelten eher ungelenk über Fugen, Rillen, Löcher, Wellen und punktuelle Erhebungen.
Ausserdem ermöglichte das weiche Fahrwerk die realitätsnahe Imitation von Kurvenneigung und Bremsnicken.
Sowie - bloss zu Demonstrationszwecken - die Nachstellung der tief hängenden Hintern deutscher Urlauberkolonnen, an deren langsam dahinkriechenden Strichachtern, Taunussen und Rekorden vorbei wir im Sommer flott und hocherhobenen Hecks gen Italien strömten.
Die Artikulation eines gewissen Überlegenheitsgefühls war meinem Vater am Lenkrad dabei nicht fremd.
Vorsprung durch Technik und besser ausgesehen haben wir auch noch.
Der Forschergeist ließ mich nicht ruhen bevor ich nach nicht-zerstörungsfreien Zerlegungsarbeiten herausgefunden hatte, wie die Matchboxfederung funktionierte; Eine zentrale Kunststoffblattfeder, welche gleichzeitig als Radaufhängung und Hilfsrahmen fungierte, rein äusserlich dem zentralen Hilfsrahmen des Citroën CX nicht unähnlich, wie ich heute weiß.
Gegen Ende meiner Matchbox-Laufbahn, kurz vor der Fischertechnik-Ära, war das mein Lieblingsmodell:

So schön.
Und dank des Einheitsfahrwerks nicht schlechter gefedert als eine Ente.
Better than life.