Fr. Stenzel ist ein Spezialfall - aber ihr Programm war vor der Wahl bekannt (weniger Remmi-Demmi in der Innenstadt) und sie wurde genau deswegen gewählt. Das liegt daran, daß die "Nutzer" des 1. Bezirks sich, wenn sie Ruhe suchen, in ihre ruhigeren Heimatbezirke zurückziehen und die Bewohner den Lärm der "Nutzer" ständig haben.
Die "spirituelle" Zone Stephansplatz kann auch etwas anderes bedeuten: Nix Spirituelles, sondern einfach die Räumung des Platzes von ständigen (mir persönlich am Geist gehenden) Einzel-Inanspruchnahmen: Die Anti-Pelz-Aktivisten, irgendwelche unnötigen Standeln, seltsame Schausteller,... - aber hier ist meine Zustimmung zu Fr. Stenzels Politik eher ein persönliches Anliegen (mir geht die Dauerverhüttelung der Innenstadt durch Punschstände, "Anliegen"-Bäckereien, dauernde Verantstaltungen am Rathausplatz,... eher am Geist).
Zur Religion: Ganz real gibt es bei sehr vielen Menschen die Fragen, woher wir kommen, wozu wir da sind und wohin wir nach dem Tod gehen: Man kann sich da komplett auf die Naturwissenschaften beschränken ("von den elterlichen Ei- und Samenzellen, wasweißich, Wurmfutter"), aber es gibt viele Menschen, die meinen, einen über das weltliche Leben hinausgehenden Sinn zu erkennen und an eine durch ein höheres Wesen (eben einen Gott) gegebene Welt und Existenz glauben.
Es gibt mehrere Gründe, warum Menschen glauben (wollen) - ein unbewiesener ist, daß es Gott gibt (der ist aber genauso gut, wie zB. Trost zu suchen, weil ein 08/15-Leben, das 75 Jahre dauert und dann einfach aus ist, einem unendlich öde und bedeutungslos erscheint).
Weil aber Religion ein Phänomen in allen Regionen der Welt ist und Glaubensspiritualität ein auch rational anzuerkennendes Faktum ist (egal, ob man an das, was dahintersteht, glaubt oder es für Schwachsinn hält), ist ein "Kampf" dagegen IMHO vollkommen irrational und intolerant, weil man gegen ein anscheinend vorhandenes Grundbedürfnis der Menschheit ankämpft.
Aber der liebe Schwedenkönig kämpft ja auch nicht gegen den Glauben an sich, sondern gegen die öffentliche Darstellung desselben und den gesellschaftlichen Einfluss von Kirchen. Dies ist jedoch ein massiver Angriff auf die Menschenrecht, jedoch nicht auf die Religionsfreiheit, sondern auf die Meinungsfreiheit. Diese Ansicht begründe ich folgendermaßen:
Es gibt eine Gruppierung, die sich zB. den Kampf gegen Aushöhlung der Sonntagsruhe und die Bündelung der eigenen Kräfte in diesem Kampf auf die Fahnen geschrieben hat. Diese Gruppierung wird relativ stark: Ihre Mitglieder besetzen Parteiämter und Nationalratsmandate, begutachten (obwohl ein privater Verein) Gesetze, sie halten Umzüge im Frühjahr ab, besuchen regelmäßig wiederkehrende Großveranstaltungen (bei denen die höchsten Repräsentanten des Staates sprechen) und wenn die Repräsentanten dieser Gruppierung sprechen, so hören die Regierung, der Präsident, Manager, Kammern,.. zu.
Nun gibt es aber zwei dieser Gruppen: Die eine ist der ÖGB und verfolgt die Ziele durchaus mit, wenn vielleicht nicht Wohlgefallen, so doch völliger Zustimmung der Legitimität der öffentlichen Äusserung durch den Schwedenkönig. Die andere Gruppierung nennt sich röm.kath. Kirche und wenn sich deren Repräsentant (zB. der Bischof von Wien) über die Sonntagsruhe äußert, will der liebe Schwedenkönig ihm am liebsten das Wort (nein, nicht das Wort überhaupt, sondern das öffentliche Wort) verbieten.
Es ist das Recht jeder Gruppe, egal weswegen sie sich zusammengefunden hat, egal, ob Gewerkschaft, Bienenzüchterverein, Kirche, im Rahmen der Verfassung zu versuchen, Einfluss zu nehmen auf Politik und Gesellschaft - durch öffentliche Äusserung, durch den Versuch, Mitglieder in hohe und höchste Ämter der Republik zu wählen, durch Demonstrationen, Streiks, Aufrufe,... Dieses Recht, das natürlich nur innerhalb der Verfassung gewährt werden kann, hat selbstverständlich auch jede Glaubensgruppe, der Grund des Zusammenschlusses, ist nämlich nicht in der Verfassung vorgeben.
lg
Dimple
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