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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 05:39:53 
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Phorist
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Nick, ich halte mich gerade an meinem Kaffeehäferl fest um nicht Umzufallen, daher sind meine Argumente vielleicht ein wenig Verschlafen, aber...

Ich kenne ein Mädel, das als Teenager in den 1980ern, mit ihrer Familie, fröhlich in unser Nachbarland Campen fuhr.
1984 fanden dort sogar die olympischen Winterspiele statt.
Ich kenne ein Mädel, dessen Familie hatte dort ein Haus.

Das Haus ist (war? Kenne die jüngere Vergangenheit nicht) Verloren!
Die ehemaligen Städte des Friedens tragen/trugen Bombentreffer... Kleine Anspielung auf die gerne breitgetretene Symbolik der olympischen Spiele.
Und man kann es etwas überspitzt Formulieren: Dort wo Österreicher früher friedlich Urlaub machten, finden sich heute evtl. sogar unentdeckte Massengräber...

Heutzutage, wo es die Menschheit eigentlich "besser Wissen" sollte, finden Gräueltaten vor unserer Haustür statt, gibt dir das nicht eher zu Denken, was da zu deinen Lebzeiten passiert ist, als ein sehr dunkler Punkt in der Vergangenheit, vor deiner Geburt?

Zitat:
Wir leben schließlich nicht in Ruanda oder in Exjugoslawien

Dazu sag ich nix mehr, macht mich einfach Sprachlos, menschliches Leid irgendwie mit dem eigenen Wohnort zu Verbinden und davon ein Maß an Betroffenheit abzuleiten...

"Aufrechnen"...
Schwache Leistung, mein Freund.

Wir können an der Vergangenheit nichts mehr Ändern, aber sollte uns der Umgang mit Völkermord JETZT HIER UND HEUTE nicht mehr Beschäftigen, als "was wäre wenn" Gedankenspiele über WKII zu machen. Die Menschheit reagiert auf WKII wie der Pawlowsche Hund, bemerkt dabei nicht, das die Liste der Gräueltaten immer länger wird, während alle auf 1938 (3)-1945 Starren...

meinsenf Bertl

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 10:35:00 
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Donkel
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Betroffenheit und Entsetzen hat aber nix mit Aufarbeitung zu tun. Das sind zwei weit auseinander liegende Paar Schuhe.


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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 11:42:34 
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Nick hat geschrieben:
Mein lieber me, ich will nocheinmal versuchen dir meinen Standpunkt zu erklären, weil ich einfach nicht glauben mag, dass du ihn nicht nachvollziehen kannst.
Du schreibst "Unrecht bleibt immer Unrecht" und den Satz unterschreibe ich gerne. Trotzdem fällt es dir offenbar schwer die Greuel der NS Zeit einfach zu verurteilen, ohne Wenn und Aber.

Es gehört nun einmal zur klassischen Argumentationskette der Leugner und Verharmloser, immer dann wenn es um NS Verbrechen geht, möglichst im selben Atemzug irgendein anderes Unrecht ins Treffen zu führen, um damit das Geschehene zu relativieren.

Und um gleich noch ein wenig moralisches Gewicht aus der Debatte zu nehmen, ich fürchte ich wäre ganz und gar nicht der Held gewesen den du von mir einforderst. Ich wäre wohl, wäre ich 50 Jahre früher geboren worden, ein durchaus erfolgreiches Mitglied der deutschen Kriegsmaschinerie geworden. Eine Abneigung gegen alles Militärische ist mir nämlich völlig fremd, und die nationalsozialistischen Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin hab' ich ganz gut drauf. Umstände die mich, wie du dir sicher vorstellen kannst, in diesem Zusammenhang nicht mit ungeteiltem Stolz erfüllen.


Ich kann deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen. Es ist dir allerdings nicht aufgefallen, dass du nicht die Greuel der NS Zeit verurteilst (das tue ich selbstverständlich auch), sondern die Menschen damals (das tue ich nicht so pauschal). Ich bemühe mich nur, nicht alles was in der Gegenwart passiert zu verharmlosen, indem ich darauf hinweise, was damals passiert ist.

Denn sonst würde mir vielleicht einmal ein Auto auch mehr wert sein als ein umgebrachter österr. UNO-Soldat, der niemandem hier auch nur einen Buchstaben wert war.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 12:18:35 
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me hat geschrieben:
dahannesaa hat geschrieben:
Unrecht muß Unrecht bleiben


Da bin ich grundsätzlich deiner Meinung. Allerdings muss das für alle gleich gelten. Wieviel wurde den Sudetendeutschen schnell noch einmal zurückgegeben? Oder den Donauschwaben? Ach ja, und die Polenvertriebenen wurden ja bekanntlich auch großzügig entschädigt. Diese Liste kann man natürlich beliebig fortsetzen. Denn: Begangenes Unrecht wird erkannt; empfangenes aber nicht, solange man nicht selbst Empfänger war.

Irgendwie komisch, das


Wie soll Österreich (die Republik bzw. ihre Bürger) Entschädigung für Verbrechen von Tschechen und Slowaken bzw. Rumänen (oder der jeweiligen Staaten) leisten? Oder bist Du der Meinung, daß Opfer der Nazis (speziell, aber nicht nur jüdische Opfer) nur deswegen nicht entschädigt werden sollen, weil ein Dritter (zB. Tschechien) österr. Opfer nicht entschädigt? Wenn ja: Was können (zB) jüd. Opfer der Nazis dafür, daß Sudetendeutsche Opfer der (verbrecherischen) Vertreibung wurden?

lg
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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 12:32:27 
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me hat geschrieben:
Der vermögende Teil hat ja bekanntlich zum großen Teil das Land rechtzeitig verlassen können. Übrigens ohne allzu große Hilfe aus dem Ausland.


Nur um es klarzustellen: Die Reichen konnten sich die ruinöse Reichsfluchtsteuer leisten, sie konnten zu Spottpreisen ihr Vermögen versilbern. Die Ärmeren konnten sich nicht freikaufen und gingen großteils zugrunde.
Man könnte deine Aussagen auch lesen, von wegen die Reichen hätten es sich gerichtet.


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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 12:34:25 
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Helmut Kohl hat einmal, mit der Frage, wie er sich in der NS-Zeit verhalten hat, mit der (damals sehr kritisierten) Aussage von der Gnade der späteren Geburt geantwortet - IMHO eine sehr gute Antwort. Oder anders gesagt: Ich kann nicht sagen, wie ich mich verhalten hätte, ich kann nur sagen, wie ich mich verhalten hätte sollen.

Aber zur Frage der Restitution und Forschung über Enteignungen usw.:

Wenn der Staat Österreich von den Verbrechen an den Nazis durch Vermögenszuwächse profitiert hat, dann soll er diesen Profit an die ursprünglichen Besitzer und ihre Erben weitergeben - das gebietet wohl der Anstand und auch jegliches Rechtsempfinden.
Wenn Firmen von Zwangsarbeit profitiert haben und die Firmengeschichte ungebrochen weitergegangen ist, so sind diese Firmen auch verpflichtet, für die durch Zwangsarbeit entstandenen Gewinne einen Ausgleich (Entschädigungen) zu zahlen.
Wenn wir darüber Bescheid wissen, wie Unrecht in dieser Größe anfängt, wie die schleichende Benachteiligung, die dann zum Töten von Gruppen von Menschen führt, begonnen hat, können wir heute uns nicht mehr auf ein "ich werde nachher einfach nix gewußt haben" zurückziehen können - daher ist Wissen immer gut.
Nein, eine Entschädigung von Opfern des NS-Regimes auch durch den Staat Österreich und ein Wissen, wie dieser gigantische Raubzug abgelaufen ist und was alles gestohlen wurde, hilft den Opfern der Vertreibungen nach der NS-Zeit (Sudetendeutsche, Donauschwaben) oder den Opfern von Bürgerkriegen und (versuchten und tatsächlichen) Völkermorden nichts - aber es hilft den Opfern des NS-Regimes und deren Nachkommen und der Rep. Österreich samt ihrer BürgerInnen - denn Unrecht bleibt Unrecht und dazu muß die Rep. Österreich (auch als Profiteur des Raubes von jüd. Vermögen) stehen.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 14:25:10 
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dahannesaa hat geschrieben:
me hat geschrieben:
Der vermögende Teil hat ja bekanntlich zum großen Teil das Land rechtzeitig verlassen können. Übrigens ohne allzu große Hilfe aus dem Ausland.


Nur um es klarzustellen: Die Reichen konnten sich die ruinöse Reichsfluchtsteuer leisten, sie konnten zu Spottpreisen ihr Vermögen versilbern. Die Ärmeren konnten sich nicht freikaufen und gingen großteils zugrunde.
Man könnte deine Aussagen auch lesen, von wegen die Reichen hätten es sich gerichtet.


So steht es nicht dort und so war es auch nicht gemeint.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 14:27:29 
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Dimple hat geschrieben:
me hat geschrieben:
dahannesaa hat geschrieben:
Unrecht muß Unrecht bleiben


Da bin ich grundsätzlich deiner Meinung. Allerdings muss das für alle gleich gelten. Wieviel wurde den Sudetendeutschen schnell noch einmal zurückgegeben? Oder den Donauschwaben? Ach ja, und die Polenvertriebenen wurden ja bekanntlich auch großzügig entschädigt. Diese Liste kann man natürlich beliebig fortsetzen. Denn: Begangenes Unrecht wird erkannt; empfangenes aber nicht, solange man nicht selbst Empfänger war.

Irgendwie komisch, das


Wie soll Österreich (die Republik bzw. ihre Bürger) Entschädigung für Verbrechen von Tschechen und Slowaken bzw. Rumänen (oder der jeweiligen Staaten) leisten? Oder bist Du der Meinung, daß Opfer der Nazis (speziell, aber nicht nur jüdische Opfer) nur deswegen nicht entschädigt werden sollen, weil ein Dritter (zB. Tschechien) österr. Opfer nicht entschädigt? Wenn ja: Was können (zB) jüd. Opfer der Nazis dafür, daß Sudetendeutsche Opfer der (verbrecherischen) Vertreibung wurden?

lg
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Du verdrehst meine Worte: Ich habe nirgendwo geschrieben, dass jemand nicht entschädigt werden soll. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man alle entschädigen sollte.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 15:27:19 
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me hat geschrieben:
Dimple hat geschrieben:
me hat geschrieben:

Da bin ich grundsätzlich deiner Meinung. Allerdings muss das für alle gleich gelten. Wieviel wurde den Sudetendeutschen schnell noch einmal zurückgegeben? Oder den Donauschwaben? Ach ja, und die Polenvertriebenen wurden ja bekanntlich auch großzügig entschädigt. Diese Liste kann man natürlich beliebig fortsetzen. Denn: Begangenes Unrecht wird erkannt; empfangenes aber nicht, solange man nicht selbst Empfänger war.

Irgendwie komisch, das


Wie soll Österreich (die Republik bzw. ihre Bürger) Entschädigung für Verbrechen von Tschechen und Slowaken bzw. Rumänen (oder der jeweiligen Staaten) leisten? Oder bist Du der Meinung, daß Opfer der Nazis (speziell, aber nicht nur jüdische Opfer) nur deswegen nicht entschädigt werden sollen, weil ein Dritter (zB. Tschechien) österr. Opfer nicht entschädigt? Wenn ja: Was können (zB) jüd. Opfer der Nazis dafür, daß Sudetendeutsche Opfer der (verbrecherischen) Vertreibung wurden?

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Du verdrehst meine Worte: Ich habe nirgendwo geschrieben, dass jemand nicht entschädigt werden soll. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man alle entschädigen sollte.


Du hast schon recht, daß auch die Donauschwaben und die Sudetendeutschen entschädigt gehören (als Beispiel), aber das ist NICHT Sache von Österreich bzw. Österreichern als die, die profitiert haben und entschädigen sollen.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 15:28:53 
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Oberphorist
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me hat geschrieben:
Nick hat geschrieben:
Mein lieber me, ich will nocheinmal versuchen dir meinen Standpunkt zu erklären, weil ich einfach nicht glauben mag, dass du ihn nicht nachvollziehen kannst.
Du schreibst "Unrecht bleibt immer Unrecht" und den Satz unterschreibe ich gerne. Trotzdem fällt es dir offenbar schwer die Greuel der NS Zeit einfach zu verurteilen, ohne Wenn und Aber.

Es gehört nun einmal zur klassischen Argumentationskette der Leugner und Verharmloser, immer dann wenn es um NS Verbrechen geht, möglichst im selben Atemzug irgendein anderes Unrecht ins Treffen zu führen, um damit das Geschehene zu relativieren.

Und um gleich noch ein wenig moralisches Gewicht aus der Debatte zu nehmen, ich fürchte ich wäre ganz und gar nicht der Held gewesen den du von mir einforderst. Ich wäre wohl, wäre ich 50 Jahre früher geboren worden, ein durchaus erfolgreiches Mitglied der deutschen Kriegsmaschinerie geworden. Eine Abneigung gegen alles Militärische ist mir nämlich völlig fremd, und die nationalsozialistischen Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin hab' ich ganz gut drauf. Umstände die mich, wie du dir sicher vorstellen kannst, in diesem Zusammenhang nicht mit ungeteiltem Stolz erfüllen.


Ich kann deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen. Es ist dir allerdings nicht aufgefallen, dass du nicht die Greuel der NS Zeit verurteilst (das tue ich selbstverständlich auch), sondern die Menschen damals (das tue ich nicht so pauschal). Ich bemühe mich nur, nicht alles was in der Gegenwart passiert zu verharmlosen, indem ich darauf hinweise, was damals passiert ist.

Denn sonst würde mir vielleicht einmal ein Auto auch mehr wert sein als ein umgebrachter österr. UNO-Soldat, der niemandem hier auch nur einen Buchstaben wert war.


Ja da hast du Recht, ich verurteile auch die Menschen von Damals. Nicht nur weil es mir zu nebulos wäre irgendwelche "Umstände" verantwortlich zu machen sondern weil eine derartige Haltung meiner Ansicht auch die Tatsachen verschleiert. Nicht die "Umstände" haben enteignet und ermordet sondern ganz konkrete Menschen haben das getan. Und ganz konkrete Menschen haben dabei mitgemacht, weggesehen, und nichts wissen wollen.

Und zum zweiten Punkt: Ich will keineswegs verharmlosen was in der Gegenwart passiert. Mit dem Vorwurf verdrehst du allerdings Ursache und Wirkung. Meiner Beobachtung nach werden andere Greuel just immer dann ins Treffen geführt wenn es um die Nazi-Zeit geht. Der umgekehrte Fall, dass jemand etwa beim Thema Ruanda sagen würde "Aber die Juden haben unter der Naziherrschaft auch ganz übel gelitten" ist mir noch nie untergekommen, schon gar nicht habe ich selbst so argumentiert.

Und @ Rainer: Danke !

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 23.06.2009, 15:37:19 
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Bertl hat geschrieben:
Zitat:
Wir leben schließlich nicht in Ruanda oder in Exjugoslawien

Dazu sag ich nix mehr, macht mich einfach Sprachlos, menschliches Leid irgendwie mit dem eigenen Wohnort zu Verbinden und davon ein Maß an Betroffenheit abzuleiten...



Da kann ich nur sagen: Welcome to the real world Bertl!

Selbstverständlich nimmt die Betroffenheit mit dem Quadrat der Entfernung ab. Sprachlosigkeit hin oder her auch bei dir. Überlege einmal den Unterschied zwischen zwei Schießereien mit jeweils drei Toten. Eine in der Nachbarwohung und eine in Medellìn in Kolumbien. Beide für die Opfer gleich schilmm aber welche macht dich mehr betroffen?

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Nick

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 24.06.2009, 00:18:45 
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Donkel
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me hat geschrieben:
dahannesaa hat geschrieben:
me hat geschrieben:
Der vermögende Teil hat ja bekanntlich zum großen Teil das Land rechtzeitig verlassen können. Übrigens ohne allzu große Hilfe aus dem Ausland.


Nur um es klarzustellen: Die Reichen konnten sich die ruinöse Reichsfluchtsteuer leisten, sie konnten zu Spottpreisen ihr Vermögen versilbern. Die Ärmeren konnten sich nicht freikaufen und gingen großteils zugrunde.
Man könnte deine Aussagen auch lesen, von wegen die Reichen hätten es sich gerichtet.


So steht es nicht dort und so war es auch nicht gemeint.


Ich habe es auch nicht angenommen, nur die Formulierung war mir zu uneindeutig. :)


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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 25.06.2009, 22:38:52 
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insane hat geschrieben:
das judenthema ist beinahe in jedem forum steter wegbegleiter.
komisch irgendwie.
bin gespannt wann hier der erste auf den plan tritt, der den nahostkonflikt zum thema macht. (a la "die juden sind ja auch nicht besser) dann gehen die wogen sicher gänzlich hoch.
btw. wo ist bob? bin schon auf seine fundierte meinung gespannt.


Meine Meinung?


Das eine Thema ist die Judenverfolgung.

Also bei der Relativierungsmethode der Herrn me tu ich mir auch schwer. Solche Vergleiche waren es, mit denen sich meine Großeltern rausgeredet haben, unter denen ein paar recht forsche Nazi waren. Meine Oma hat mir immer erklärt, daß die KZs eigentlich in England erfunden worden waren. Die Fliegerbomben, die haben ja schließlich auch das Familienporzellan kaputt gemacht und die Russen haben dann noch das Silber gestohlen. Über Derartiges will ich keine Worte mehr verlieren. Ich halte das für dumm und ein bissel gefährlich.

Man kommt ja heute fast nicht vorbei an den Schilderungen über die Grausamkeit der Judenverfolgung. Ich kann zum Beispiel die Geschichte einer Augenzeugin nicht vergessen, in der ein Neugebohrenes von den Wärtern gleich nach der Geburt lebendig in den Ofen der Baracke geschmissen worden ist. Oder die von dem jüdischen Rechtsanwalt bei der Eroberung von Kiew. Er konnte einwandfreies Deutsch, hatte in Berlin studiert. Während einer Massenerschießung geht er mit seinem Sohn zum SS-Mann und ihn bittet diesen, auf seinen vielleicht fünfjährigen Sohn genau zu zielen, damit der nicht leiden muß.
Das alles ist für mich so unvorstellbar, daß ich es einfach mit nichts vergleichen will. Jeder Vergleich kann für mich nur den Versuch einer Verharmlosung darstellen. Deswegen mag ich das Vergleichen nicht, Herr me.

Das andere Thema ist die Wiedergutmachung.

Was da geschehen ist, kann man nicht gutmachen. Diese Dinge sind einfach weit jenseits von dem, was man wieder gut machen kann. Was uns natürlich nicht davon entbindet, es zu versuchen.Aber bei Allem, was man dennoch hätte tun können, hat unsere Großelterngeneration eine denkbar erbärmliche Figur gemacht, und wir machen sie z.T. bis Heute. Auch hier finde ich eine Gegenverrechnung mit dem Schicksal der armen vertriebenen Sudetendeutschen unpassend. Das ist einfach eine ganz andere Geschichte, auch wenn da natürlich eine ursächliche Verbindung besteht.

Und nochwas finde ich widerlich: Wenn jemand sagt: "Ich kanns nicht mehr hören, mir hängt das zum Hals raus, ich war persönlich nicht dabei, kann daher nix dafür, und es soll endlich schluß sein." Der Standpunkt ist natürlich vertretbar, weil, keiner von uns war persönlich dabei. Aber es gehört irgendwie zu unserem Erbe. Genausowenig wie ich mich für die Hutu/Tutsi Sache verantwortlich fühle, die auch schrecklich war, fühle ich mich gerade für die Gemeinheiten meiner Großeltern auf eine gewisse Art eben doch verantwortlich. Ich halte diesen geht-mich-nix-an Standpunkt für unanständig und billig. Für mich denke ich: wenn mich jemand aus dieser Art von "Schuld" entlassen kann, dann sicher nicht ich selber.

Ich denke: Was unsere Großeltern (bei manchen werden es wohl schon die Urgroßeltern sein) da zugelassen, durch Wegsehen ermöglicht, oder gar mitgetragen haben, war so schrecklich, daß wir uns nie werden davon wegstehelen können. Das bleibt uns. Genauso wie unsere guten Errungenschaften wie Falco, Wienerschnitzel und gute Autos gehört es zu den Dingen, die irgendwie uns gehören.

Interessante Frage: Was wäre aus mir geworden, wenn ich 1920 geboren worden wäre?
Ich glaube, daß sie mich damals strafweise nach Rußland geschickt hätten, weil ich meine Pappen nicht halten kann, und sicher irgendwelche halblustigen Witze über Göring oder den Gröfaz gemacht hätte. Einen guten Soldaten hätten die dort sicher auch nicht gemacht, aus mir.
Danke, Schicksal.

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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 26.06.2009, 12:32:10 
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Ich bin noch nicht so lange im Phorum, wie viele andere, und nicht so aktiv, aber zu diesem Thema will ich doch auch etwas sagen, weil es mich nicht schweigen läßt.
Ein paar Dinge sind für mich persönlich nämlich schon klarzustellen.
Vieles wiederholt sich in der Geschichte, aber manchmal sind Dinge doch einzigartig. Die industriell organisierte Ermordung von mehreren Millionen Menschen in den Nazi-Konzentrationslagern ist historisch singulär.
Ja, es gab Concentration-Camps schon unter den Engländern im Burenkrieg. Ja, die Gulags waren ebenfalls Todesfallen und Stalin ein Blutsäufer, der mit der Verfolgung der sogenannten "Kulaken" ebenfalls Millionen Menschen auf dem Gewissen hatte. Ja, es gab rassistische Verfolgung und Genozide seit Anbeginn der Zeiten, mit fortschreitender (Waffen-)Technik vor allem in der Neuzeit, von der Armenierverfolgung durch die Türken bis Ruanda.
Aber die Errichtung von Vernichtungsfabriken wie Auschwitz, mit deutscher Gründlichkeit geplant und organisiert, basierend auf zuvor in Parteitagsreden und Büchern dargelegten Ideologien von der Überlegenheit der eigenen Rasse und der Unwertheit anderen Lebens aufgrund des religiösen Bekenntnisses und der Abstammung: Hat es davor nicht gegeben. Und wird es hoffentlich auch nicht wieder geben. Und das hat nicht im dunklen Afrika stattgefunden, sondern im Deutschland der Dichter und Denker, zu dem auch die Österreicher sich - zumindest kulturnationsmäßig - immer dazugezählt haben.
Jetzt ist das alles Geschichte, stimmt schon. Und die, die persönlich Schuld hatten, sitzen heute, 64 Jahre nach Kriegsende, meist sabbernd im Pflegeheim. Aber es waren "unsere" Leute. Punkt. Menschen aus der Mitte der damaligen österreichischen Gesellschaft, durchschnittliche Befehlsempfänger, manche auch Befehlshaber. Teil unserer Geschichte, da führt kein Weg vorbei.
Und man kann nicht stolz sein, auf das viele Bewundernswerte, das in Österreich seinen Ausgang genommen hat, (an dem man übrigens meist selbst auch keinen Anteil hatte) wenn man sich nicht auch mitschämt für diesen Teil unserer Vergangenheit. Bei "I am from Austria" feuchte Augen kriegen und sagen, von 38 bis 45 geht mich nichts an, geht nicht.
Und: "Ich kanns nimmer hören" zu sagen, ist zwar irgendwie verständlich. Aber unpassend.

Fritz


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 Betreff des Beitrags: Re: jüdisches alteisen
BeitragVerfasst: 26.06.2009, 13:14:56 
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