Fyyy hat geschrieben:
jetzt wo die wirtschis ihr spielgeld im kopfpolster horten ist auf einmal ruhe eingekehrt an den zapfsäulen. anscheinend doch nicht der rasant wachsende markt in china und indien. anscheinend doch nicht die bösen spritschlucker in ameriga. es waren einfach nur die nimmersatten wirtschis mit ihren gierigen drecksgrobeln!
danke für die aufmerksamkeit.
Ich liebe vereinfachende Postings, die komplett falsch sind:
1. Die Preise auf den Rohölmärkten bilden sich, wie alle Preise, sowohl nach den momentanen Angebot/Nachfrageverhältnis, den momentanen Kosten sowie den Zukunftserwartungen dazu.
2. Derzeit sinkt die Nachfrage in den USA, Japan und Europa rapide und zwar deutlich stärker, als die ebenfalls rückläufige Nachfragesteigerung in Indien und China.
3. Das Wirtschaftswachstum in Indien und China ist nur zum Teil auf der Binnennachfrag basierend, zu einem großen Teil aber natürlich auch auf der Nachfrage aus Europa/USA/Japan
4. Punkt 2 und 3 führen sowohl zu einem Rückgang der Nachfrage (bei gleichbleibendem Angebot) als auch zu sinkenenden Nachfrage-Erwartungen
5. Punkt 1-4 sowie der Versuch der Öl-Industrie (von Förderung bis zu Verkauf an Tankstellen) den Preis, der den höchsten Umsatz generiert, zu finden, führen inzwischen zu einem Rückgang der Rohöl- und auch Benzinpreise.
Diese Erklärung ist zwar nicht so einfach wie Deine und es sind viele "Schuldige" (darunter auch "Wirtschis") sowie auch Getriebene (von der Situation), daher nicht so eingängig, aber noch immer viel zu wenig komplex. Aber Dein Beitrag hat so ca. das Niveau einer Krone-Schlagzeile: Komplexer Sachverhalt auf eine (teilweise nur am Rande oder ich als Wirtschi gar nicht beteiligte) Gruppe, die als Schuldige benannt wird, reduziert.
Und das "Spielgeld" der Wirtschis, wie Du es so schön ausdrückst, wird nicht im Kopfpolster gehortet, sondern reduziert sich - was Dir ja wünschenswert erscheint - genauso, wie es aufgeblasen wurde, aber nicht am Öl-Markt, sondern auf den Geld- und Kreditmärkten.
Was ich mich aber auch frage: So notwendig es war/ist, das Spekulationskarussell, das die Finanzmärkte immer schneller und größer drehen hat lassen, zu stoppen, erscheint es mir trotzdem fragwürdig, sich hier groß zu freuen: Die Auswirkungen sind - leider unvermeidlich, da es sich primär um eine Vertrauenskrise im Finanzbereich handelt - auch auf Dich und mich spürbar. Und mir würde ein Benzinpreis von 1,80 € weniger Sorgen machen, als Kurzarbeit und Entlassungen bei zigtausend Firmen, einen Jobverlust für 1-2 Mio Menschen, sollte GM Pleite gehen und im Jahresschnitt nächstes Jahr rd. 10000-20000 mehr Menschen ohne Arbeit.
Ich tu mir teilweise leichter, da ich einen relativ krisenfesten Beruf ausübe - das geht aber nicht allen so.
lg
Dimple